Neues Modell prognostiziert Listerienwachstum
Ein mathematisches Modell sowie eine Software zur Prognose der potentiellen Vermehrung von Listeria monocytogenes in leicht konserviertem Seafood wurde gemeinsam von der Technischen Universität Dänemark und Royal Greenland entwickelt.
Von Ditte LundDieses Projekt läuft seit mehreren Jahren und wird vom dänischen Ministerium für Lebensmittel und Landwirtschaft über den so genannten GDDP-Fonds (Green Development and Demonstration Program) gefördert. Ole Mejlholm, Forschungsgruppenleiter im Fachbereich Industrielle Lebensmittelforschung an der Technischen Universität Dänemark (DTU), leitete das Projekt gemeinsam mit Niels Bøknæs, Prozessentwickler bei Royal Greenland und Doktorand. Royal Greenland hat Proben aus der Produktion von kaltgeräuchertem schwarzem Heilbutt und Lachs zur Verfügung gestellt, die die Wissenschaftler der DTU im Labor untersucht haben. Auf der Grundlage dieser Daten haben sie ein mathematisches Modell zur Vorhersage der Entwicklung von Listerien unter Beachtung der Auswirkungen von 12 Umweltfaktoren, wie Lagertemperatur, pH-Wert, Salzgehalt, Rauchgehalt und Verarbeitungsverfahren, entwickelt. Schließlich hat Royal Greenland das Modell getestet und die Erkenntnisse aus dem Projekt in den Arbeitsabläufen in der Räucherei umgesetzt.
Lebensmittelsicherheit und Listerien müssen ernst genommen werden. Deshalb wurde das Modell sorgfältig getestet. Forschungsgruppenleiter Ole Mejlholm erklärt dazu: „Die Entwicklung des mathematischen Modells für Listeria monocytogenes hat mehrere Jahre in Anspruch genommen. Im Grunde haben wir damit gemeinsam mit Royal Greenland bereits vor mehr als zwölf Jahren begonnen. Heute verfügen wir über ein funktionierendes Modell, das die dänische Lebensmittelbehörde im vergangenen Jahr allen Unternehmen empfohlen hat, die mit dieser Art von Produkten und Lebensmittelsicherheit arbeiten.“
Vereinfachter Entwicklungsprozess
Für Royal Greenland bedeutete die Entwicklung des mathematischen Modells eine erhebliche Vereinfachung seiner Produktentwicklungsverfahren. Niels Bøknæs meint zu diesem Modell: „Dieses neue Instrument ist brillant. Mit dem Modell können wir bei der Entwicklung neuer Produkte sowohl Zeit als auch Geld sparen. Bisher mussten wir zeitaufwändige Versuche durchführen, wenn wir beispielsweise den Salzgehalt eines Produkts reduzieren wollten. Jetzt brauchen wir nur noch am Computer die neuen Daten in die Software einzugeben und auf einen Knopf zu drücken, und schon bekommen wir eine klare Vorstellung davon, wie sich die neuen Werte auf die Sicherheit des Produkts und auf das Bakterienwachstum während der Produktlebensdauer auswirken. Das verkürzt unsere Entwicklungsverfahren bei diesen schwierigen halbkonservierten Produkten enorm.“
Stabilisierung des Listerienwachstums
Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts ermöglichen Royal Greenland nicht nur die Vorhersage der Entwicklung von Listerien und anderer Bakterien bei einer Reihe verschiedener Umweltfaktoren, sondern haben auch gezeigt, dass durch die Senkung des pH-Wertes im Produkt mithilfe von organischen Säuren das Wachstum der Listerien gehemmt wird. Dies war eine bedeutende Entdeckung, denn Listerien wachsen auch unter Bedingungen, unter denen das bei anderen Bakterien nicht möglich ist, beispielsweise bei Kühlschranktemperatur oder in Abwesenheit von Sauerstoff.
Ole Mejlholm erklärt das so: „Bestimmte organische Säuren wie Milchsäure und Essigsäure lassen sich zur Hemmung des Bakterienwachstums einsetzen. Wir untersuchen jedoch auch die Möglichkeit des Zusatzes bestimmter Gewürze oder Gewürzextrakte sowie unschädlicher Bakterienkulturen, die das Wachstum gefährlicher Bakterien hemmen.“ Royal Greenland nutzt dies bei der Produktion von kaltgeräuchertem und mariniertem Fisch, indem während des Salzens eine Mischung ungefährlicher organischer Säuren zugesetzt wird, die den Geschmack des Endprodukts nicht beeinträchtigen. Auf diese Weise entsteht ein Erzeugnis, in dem keine Möglichkeiten für ein Wachstum der Listerien bestehen. Lesen Sie hier mehr dazu [Link]. Es sei jedoch betont, dass die Stabilisierung allein nicht ausreichend ist, sondern diese Maßnahme durch gewissenhafte Reinigungsroutinen und sorgfältige Kontrollen der Rohstoffe untermauert werden muss. Lesen Sie hier mehr dazu [Link].
Reduzierung des Salzgehalts
In der Vergangenheit wurde seitens der Industrie den Produkten viel Salz zugesetzt, um das Bakterienwachstum zu reduzieren und die Haltbarkeitsdauer des Produkts zu erhöhen, denn Salz hat auf viele Bakterien eine hemmende Wirkung. Mit dem mathematischen Modell ist es nun möglich, die Auswirkungen einer Reduzierung des Salzgehalts zu prognostizieren. Niels Bøknæs dazu: „Ziel unseres ersten GDDP-Projekts zusammen mit der DTU war eine Senkung des Salzgehalts unserer kaltgeräucherten und marinierten Erzeugnisse um 4 % pro Jahr. Dieses Ziel haben wir erreicht. Wir wollen jedoch den Salzgehalt so gering wie möglich halten, bei gleichzeitiger Gewährleistung eines sicheren und schmackhaften Produkts. Niemand weiß, wie weit wir dabei noch heruntergehen können, aber wir untersuchen dies in Zusammenarbeit mit der DTU weiter.“ Die Reduzierung des Salzgehalts ist aus gesundheitsfördernder Sicht von großer Bedeutung, denn gegenwärtig stammen 80 % des durch den Verbraucher aufgenommenen Salzes aus verarbeiteten Lebensmitteln. Niels Bøknæs erläutert: „Wir bemerken in letzter Zeit eine zunehmende Nachfrage nach Produkten mit einem geringeren Salzgehalt, insbesondere von Kunden aus Großbritannien und Skandinavien sowie von den Verbrauchern im Allgemeinen, und möchten auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle in der Branche einnehmen.“
Die Zukunft
Die auf dem Modell basierende Software steht online jedermann zur Verfügung und wurde bisher von 6.000 Anwendern in 100 verschiedenen Ländern genutzt, durch die sie laufend getestet wird. Die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit des Modells wird durch die DTU garantiert. Dieses ursprünglich für den Seafood-Sektor entwickelte Programm, wurde inzwischen auch erfolgreich in der Fleisch- und Molkereiindustrie eingesetzt. Abschließend erklärt Niels Bøknæs: „Es freut uns, dass auch andere Akteure diese Software einsetzen können und wir hoffen, dass damit die Lebensmittelsicherheit in der Branche auf die Tagesordnung gesetzt wird, vor allem angesichts des letzten Ausbruchs von Listeriose in Dänemark. Wir tragen gemeinsam eine Verantwortung und hoffen, dass seitens des Einzelhandels und der Gastronomie Lebensmittelsicherheit zukünftig noch stärker gefordert wird.“